Geben wir es zu: Der gefühlte Beginn der Jagdsaison startet nicht wirklich am 1. April, sondern mit der Jagd auf den Rehbock. Das ist die Königsdisziplin. Natürlich gibt es auch Pflichtteile wie die Bejagung der Schmalrehe. Doch selbst wenn das Jagdgesetz in vielen Bundesländern einen Start im April erlaubt, bedeutet für viele Jäger der Mai mit seinem frischen Grün und den ersten warmen Tagen den wirklichen Auftakt der Saison.
Rehwild: Allgegenwärtig in unseren Revieren
Fast jedes mitteleuropäische Revier beherbergt Rehwild. Manchmal ist es die Hauptschalenwildart, manchmal eine freundliche Ergänzung zu den großen Paarhufern wie Rot-, Dam- und Schwarzwild, und in einigen Regionen sogar zum Muffelwild. Während die „Großen“ nicht überall vertreten sind, ist das Rehwild nahezu überall anzutreffen. Diese Tiere sind äußerst standorttreu und besetzen nur kleine Territorien. Wild ist zwar grundsätzlich herrenlos, doch beim Rehwild können die Revierinhaber mit gutem Grund von „ihren“ Rehen sprechen – eine gute Voraussetzung für einen sorgfältigen Umgang mit diesen anmutigen Waldgazellen.
Wald und Wild: Ein ständiges Spannungsfeld
Leider wird diese Sorgfalt nicht überall praktiziert. Vor allem im Wald wird das Rehwild oft für Schäden verantwortlich gemacht, die den Umbau zu einem klimaresistenten Wald verhindern sollen. Dass Rehe durch den Verbiss von Jungpflanzen Schäden verursachen, ist unumstritten. Die Frage bleibt jedoch, ob diese Schäden die forstlichen Ziele grundsätzlich gefährden, denn der Wald benötigt mindestens ein Jahrhundert, um in sein „Reifestadium“ zu gelangen. Wer kann über einen so langen Zeitraum alle Faktoren vorhersagen, die auf dieses Ökosystem einwirken?
Die Freude an interessanten Böcken
Es herrscht Verständnis für eine intensive Bejagung des Rehwildes in Waldgebieten, um Schäden zu minimieren. Doch dieses anmutige Wild nur als Schädling zu sehen, wird der Sache nicht gerecht. Für private Jäger zählen vor allem die Freude am Anblick und die Suche nach interessanten Böcken. Natürlich werden auch „pflichtgemäß“ schwache Jährlinge bejagt, um den Nachwuchs in der Jugendklasse zu regulieren. Diese Aufgabe, wenn auch trophäentechnisch nicht so aufregend, stellt eine reizvolle jagdliche Herausforderung dar.
Die Bedeutung der Masse
„Das Gesetz des Örtlichen“ – dieser forstliche Grundsatz gilt auch bei der Rehwildbejagung. Während in einem Revier ein Spießer in Lauscherhöhe bereits als Erfolg gewertet wird, ist er in günstigen Biotopen immer noch abschusswürdig. Diese Entscheidungen müssen vor Ort getroffen werden. Grundsätzlich empfiehlt es sich, weniger auf die Ausformung und Höhe des Gehörns zu achten als auf die Masse, die ein Indikator für das Potenzial seines Trägers ist – nicht nur bei Jährlingen.
Platz schaffen für starken Nachwuchs
Wer Freude an starken Gehörnen und an einer gezielten Hege des Rehwildes hat, sollte bei besonders starken Jährlingen frühzeitig einen Einstand freimachen. Starke Junge sind die ersten, die ein eigenes Territorium erobern wollen. Ist keines frei, beginnen sie zu wandern und finden möglicherweise erst ein oder zwei Reviere weiter einen Platz. Dort richten sie sich dann dauerhaft ein.
Geschätztes Wildbret für Zuhause und den Verkauf
Jäger sollten sich durch die Diskussionen über Waldschäden nicht die Freude an dieser schönen Jagd verderben lassen. Es gibt genügend Rehwild, um mutig in den Bestand einzugreifen. Dank der Standorttreue kann man die Früchte von Hege und überlegter Jagd im eigenen Revier ernten. Das Bergen der Beute ist unkompliziert, und das Wildbret ist sowohl im eigenen Haushalt beliebt als auch gut verkäuflich. Es bringt im Vergleich zum großen Schalenwild oft den besten Preis.
Viele Freude und Waidmannsheil beim Start in das neue (Rehwild-)Jagdjahr!